Oh schau, der Vatikan!

Oh schau, der Vatikan!

Moment, schon wieder? Absolut. Und obwohl ich noch so gerne behaupten würde, dass ich einen besonders findigen Grund hatte an zwei Tagen hintereinander hier vorbeizuschauen so lag es primär doch daran, dass ich übersehen habe, dass viele Museen in Rom montags geschlossen sind, darunter auch die Engelsburg.

Daher hieß es gestern Abend noch kurzfristig umplanen. Als netten, ungeplaten Nebeneffekt hatte das, dass ich noch kurzfristig für heute, Dienstag, Tickets für den Eintritt in den Petersdom und dessen Kuppel ergattern konnte.

Entsprechend hieß der Plan für heute daher am Vormittag, Petersdom gefolgt von einem Spaziergang zur Engelsburg und danach noch etwas durch die Stadt spazieren.

Aber alles der Reihe nach. Um 10:00 ging es für mich mit der U-Bahn erneut zur Station Ottaviano und von dort zu Fuß zehn Minuten zum Haupteingang des Petersdomes. Kurz zur Erklärung. Es gibt zwei Zugänge zum Petersplatz. Der bekanntere ist über die Via della Conciliazione von der Engelsburg kommend. Der zweite führt parallel zum Eingang des Petersdomes von der U-Bahn Station kommend entlang der Stadtmauer des Vatikans.
Problem bei letzterem ist die fehlende Beschilderung. Der Zugangskorridor zum Petersplatz (gratis) sieht ob des nahezu unendlichen Stroms an entgegenkommenden Menschen aus wie der Ausgang und die beiden anderen Korridore sind für den Zugang zum Tickenschalter (fast immer 30-60 Minuten Wartezeit) bzw. für die Fastlane mit online gekauften Tickets.

Als Fan von legitimen Abkürzungen ging es mit dem tags zuvor gekauften Ticket durch die Sicherheitskontrolle (holy sh*t (pun intended) die haben echt mehr Metalldetektoren und Röntgenmaschinen als jeder Flughafen durch den ich bisher gereist bin) und hinab in die vatikanischen Grotten.
Zugegeben, vom Gefühl her etwas makaber und bedrückend mit unzähligen Anderen dicht gedrängt vorbei an den Gräbern früherer Päpste geschoben (geführt trifft es mangels Bewegungsfreiheit nicht ganz) zu werden.
Egal wie sehr der Audio-Guide das Verweilen am Grabe des Apostels Petrus zu einem spirituellen Erlebnis machen will, unter den gegebenen Umständen ist es nur lästig, dass das der einzige Weg in den Dom ist.

Kurzer Fun-Fact. Anders als es der offiziellen Name "Vatikanische Grotten" vermuten lässt, ist die Krypta des Petersdomes nicht durch Grabungen entstanden, sondern dadurch, dass der Petersdom in seiner heutigen Form ab dem frühen 16. Jahrhundert auf den Überresten früherer Kirchen über der vermuteten Ruhestätte des Apostels Petrus errichtet wurde.

Für den nächsten Abschnitt, den ersten Eindruck vom Inneren des Petersdomes, fehlen mir einfach die Worte für eine adäquate Beschreibung. Man muss es einfach selbst gesehen haben. Um jetzt aber nicht komplett den Faden abreißen zu lassen, hier ein paar obskure Fakten (das Offensichtliche lässt sich relativ leicht recherchieren).

Die Buchstaben der Inschrift entlang des Haupt- und Nebenschiffs sind etwa 1,6 Meter hoch, die in der Kuppel sogar zwei Meter.
Der Baldachin ist dermaßen massiv gegossen (93 Tonnen Bronze, teilweise vergoldet), dass der damalige Papst für dessen Errichtung die Deckenverkleidung in der Vorhalle es Pantheons abreißen und einschmelzen ließ, sehr zum Misfallen der Bevölkerung.
Das Wort Baldachin leitet sich über einen historischen Namen für Brokatstoff von Bagdad ab, woher diese Art von Stoff ursprünglich stammt.
Alle Heiligen-Statuen die über den Portalen des Petersdoms montiert sind und die mit einem erhobenen Arm dargestellt sind haben eine weiß lackierte Metallklammer, die den Arm mit dem Körper (in den meisten Fällen um den Hals) verbindet und stabilisiert.

Nach einem ausgiebigen Bad im Prunk des Petersdomes ging es ein paar Etagen höher. Mit dem Aufzug zunächst auf die Terrasse, oder anders ausgedrückt, das Dach des Kirchenschiffs. Obwohl das knapp 60 Meter höher liegt als der Petersplatz wird man hier noch immer gut 70 Meter von der Hauptkuppel des Domes überragt.

Der Ausblick von hier ist etwas eingeschränkt, von der Kuppel Richtung Westen, vom Souvenir-Shop und Cafe im Dachboden des Hauptschiffes Richtung Norden und von zwei Zäunen und etwa 20 Meter Abstand zum Rand und den dort montierten Heiligen-Statuen Richtung Osten (sprich, Richtung Petersplatz).

Damit haben wir das heutige Sportprogramm erreicht. 320 Stufen hinauf in bzw. auf die Kuppel. Zugegeben, das ist die Light-Version, da der Aufzug 231 Stufen einspart aber das war mangels Tickets keine Option. Entweder sind die fünf Euro Aufpreis (22€ anstatt 17€) so abschreckend oder die Besucher des Petersdomes und seiner Kuppel sind sehr Sportbegeistert.

In die Kuppel gelangt man knapp oberhalb ihrer Basis. Von dort hat man einen großartigen Blick auf den Hauptaltar, den Baldachin und weite Teile des Haupt- und Nebenschiffs.

Die Erfahrung die 320 Stufen zuerst hinauf und dann an einer anderen Stelle (es gibt mehrere Stiegenhäuser in der Kuppel) wieder hinunter zu steigen lässt sich am besten mit zwei Wörtern zusammenfassen, schräg und eng.

Schräg, weil ein großer Teil der Stiegen zwischen der inneren und der äußeren Schale der Kuppel verläuft und Kuppeln ob ihrer Geometrie die Tendenz haben mit steigender Höhe immer stärker zu ihrem Mittelpunkt zu streben.

Eng, weil ab einem gewissen Punkt in der Kuppel einfach zu wenig Platz ist und die normale Treppe einer sehr engen Wendeltreppe weicht.

Beides zusammen ist schon mal ein Erlebnis für sich. Die Mühe des Aufstieges wird dann aber mehr als ausführlich belohnt. Vom äußeren Ring nahe der Spitze der Kuppel hat man einen unvergleichlichen Ausblick über Rom. Das ist nich mal im übertragenen Sinn gemeint, Aufgrund der Bauordnung für die historische Altstadt und den Bereich rund um den Vatikan gibt es kein Bauwerk mit ähnlicher Höhe im Stadtzentrum Roms. Hochhäuser finden sich erst in den Außenbezirken am Stadtrand.

Frei nach dem Motto "what goes up must come down" ging es 551 Stufen (die Warteschlange für den Lift nach unten war mir zu lange und Oberschänkel-Training schadet nie) wieder nach unten und hinaus auf den Petersplatz und hinein in ein gewirr von wartenden Pilgergruppen.
Kurz zur Info 2025 ist ein heiliges Jahr oder Jubeljahr, dass alle 25 Jahre stattfindet. Die Zahl an zusätzlichen Besuchern geht in der Masse normaler Touristen mehr oder weniger unter. Was es aber mit sich bringt ist eine enorme Ansammlung an Pilgergruppen die entlang des Ausgangs auf fehlende Mitglieder warten.

Ein paar Minuten später ging es dann aber schon weiter auf der Via della Conciliazione zur Engelsburg. Dabei handelt es sich um ein Bauwerk, dass im zweiten Jahrhundert als Mausoleum für römische Kaiser und deren Familien errichtet wurde und ab dem 10. Jahrhundert von den Päpsten sowohl als Gefängnis, als auch als Festung bei Angriffen genutzt wurde.

Die Mauer am rechten Rand ist neben ihrer Funktion als Mauer auch ein geschützter Fluchtweg vom Apostolischen Palast direkt in die Engelsburg.

Erst zu beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Engelsburg als Museum umgebaut und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Nach einer Runde durch die Burg ging es über den Tiber zunächst zur Piazza Navona und dann weiter zum Pantheon.
Da ich an dieser Stelle genug von Menschenmassen hatte (das Pantheon ist nach dem Vatikan und dem Trevi-Brunnen einer der Touristenmagnete Roms) entschied ich mich nach einem schnellen und etwas verspäteten Mittagessen (15:30 falls jemand fragt) zurück ins Hotel zu fahren.
Es war zwar kein langer aber dafür ein intensiver Tag.

An der Stelle sei kurz erwähnt, dass Poe heute zwar im Rucksack dabei war aber von all dem zuvor beschriebenen nicht viel mitbekommen hat. Aufgrund der Menschenmassen und der damit einhergehenden Sicherheitsüberlegungen (Taschendiebstahl und ähnliches) befand ich es für besser ihn im Rucksack zu lassen.
Das hat er mich seit der Ankunft im Hotel spüren lassen.

* Räusper * Entschuldige bitte!

Kannst du das bitte leiser drehen oder Kopfhörer aufsetzen? Danke!

Mir ist bewusst, dass der Song von der Schweizer Garde handelt, die sich bei der Plünderung Roms 1527 fast vollständig geopfert hat um dem Papst die Flucht vom Vatikan in die Engelsburg zu ermöglichen. Ich find den Song großartig aber auf Dauerschleife wird auch der beste Song irgendwann anstrengend.

Anyway, sobald sich das Rentier etwas beruhigt hat wirds Zeit fürs Bett um für morgen ausgeschlafen zu sein.