Tag 5

Heute stand "nur" eine Sehenswürdigkeit am Plan wobei man durchaus argumentieren kann, dass der Weg vielleicht nicht das Ziel aber doch ein beachtlicher Bonus sein kann.

Abwechslungsreiche Landschaften findet man schon häufiger aber so vielfältige Landschaftsbilder in so kurzer Abfolge ist schon erstaunlich.

Um ein Beispiel zu geben. die Strecke zwischen Hamilton und dem heutigen Ziel Waireinga oder für die Nicht-Maori unter uns Bridal Veil Falls / Brautschleier Fälle (siehe Karte) ist etwa 40 km lang aber man hat das Gefühl durch mehrere permanent abwechselnde Landschaften zu fahren.

Das beginnt bei hügeligem Mischwald, wie man ihn bei uns kennt. Ein paar Kurven später könnte man schwören man ist in der amerikanischen Prärie (nur ebenfalls mit mehr Hügeln), also trockene Graßlandschaft ohne andere große Vegetation. Wieder ein paar Kurven später sieht man in der Entfernung fast tropisch anmutende Strände mit Palmen. Kaum nicht aufgepasst fährt man auf einmal durch extrem dichten Farn-durchwucherten Urwald. Und wiederholen...

Zumindest für die Graß-bewachsenen Hügel gibt es eine einfache Erklärung. Diese sind ein trauriges Zeugnis des Kahlschlags des späten 19 und frühen 20 Jahrhunderts der den anhaltenden Bauboom und den damit einhergehenden Bedarf nach Bauholz abdecken sollte.

Heutzutage wird an vielen Stellen versucht mit Aufforstung die unvermeidliche Bodenerosion zu bremsen.

Notiz am Rande: ich habe überlegt einen Teil der Fahrstrecke aufzuzeichnen. Leider spielte dabei meine geplante Montage der Kamera nicht mit.
Außerdem wäre das Bildmaterial seinerseits trauriges Zeugnis für eine Menge toter Wildtiere auf der Straße die ich nur als unfassbar beschreiben kann.

Wenn ich eine Schätzung abgeben müsste liegt im Schnitt alle 2-3 km ein Tierkadaver auf der Straße. In extremen Abschnitten waren es innerhalb von ca. 300 Metern vier Tiere.

Je nachdem wie lange der Unfall her ist schwankt der Zustand von "noch als Hase/Vogel/Eichkätzchen" zu erkennen bis hin zu "nur mehr Reste von Fell oder Federn".

Aber genug von makaberen Gedanken. Zurück zum Ziel der heutigen Tages. Waireinga oder Bridal Vail Falls (plural obwohl es nur ein einzelner Wasserfall ist) auf englisch oder Brautschleier-Fall auf deutsch. Dabei handelt es sich um einen 55 Meter hohen Wasserfall der seinen englischen Namen seinen dünnen Schwaden verdankt, die an einen Brautschleier erinnern.

Eine Erklärung für den Maori Namen habe ich noch nicht gefunden. Das Wai im Namen bezieht sich aber auf Wasser.

Laut einer kurzen Beschreibung auf einer Infotafel rund um einen der Entstehungsmythen der Maori kommt alles Wasser von Regen und Nebel. Diese wiederum sind Ausdruck der Trauer über die Trennung von Himmel (Regen) und Erde (Nebel) im Zuge der Schöpfung.

Blick den Wasserfall hinunter

Den Wasserfall kann man von vier Aussichtspunkten bestaunen, einer neben der Kante über die sich das Wasser ergießt. Eine weitere auf etwa gleicher Höhe aber ein Stück vom Wasserfall entfernt, damit man einen guten Blick auf den oberen Teil bekommt. Eine dritte Plattform befindet sich etwa auf halber Höhe des Wasserfalls und die vierte und letzte befindet sich am Fuße des Wasserfalls und bildet eine Brücke über den vom Wasserfall ablaufenden Fluss.

Obere Plattform

Entlang aller Wege und Plattformen stehen Warnhinweise, dass kein Teil des Flusses oder des Wasserfall-Beckens zum Baden geeignet ist. Das Wasser ist durch intensive Landwirtschaft verunreinigt und daher als unsicher für menschlichen Kontakt eingestuft.

Mittlere Plattform
Untere Plattform

Nach diesem Erlebnis ging es zurück zum Auto und in weiterer Folge zum Hotel für heute in Hamilton.

P.S. Wie zuletzt angemerkt bin ich noch nicht auf die Maori Namen für die Nord- und Südinsel eingegangen.

Vor der Kolonialisierung Neuseelands gab es keinen einheitlichen Namen für die Gemeinschaft beider Inseln oder gar ein einheitliches Land.

Was es allerdings gab waren allgemein akzeptierte Namen für die beiden Inseln auf Basis der Maori Schöpfungsmythen.

So wird erzählt, dass eine der großen Heldentaten des Halbgottes Maui die Erhebung des Landes aus dem Meer war. Dazu angelte er nach einem riesigen Fisch den er erfolgreich an die Oberfläche bringen konnte. Um diesen Erfolg zu feiern suchte Maui nach einem Stammesgeistlichen um die notwendigen Opfergaben und Rituale auszuführen. Seine Brüder wies er, erfolglos, an auf ihn zu warten, denn sobald er weg war machten sich diese daran den Fisch zu zerteilen.

In seinem Todeskampf wand sich der Fisch und zerfiel in Berge, Täler und Schluchten der Nordinsel.

Daher ist der übersetzte Name der Nordinsel Mauis Fisch (und damit macht der Stachel von Mauis Fisch aus dem letzten Beitrag vielleicht etwas mehr Sinn).

Die Südinsel entstand in weiterer Folge aus Mauis Kanu (was auch die direkte Übersetzung ist).

Der Maori Name Aotearoa für die Gemeinschaft aus beiden Inseln ist zwar älter als die Kolonialisierung Neuseelands, wurde aber erst mit der Verbündung aller Stämme (Iwis) gegen die europäischen Siedler relevant. Für die Herkunft dieses Namens gibt es mehrere Theorien von denen aber keine als wahrscheinlicher angenommen wird als die anderen.