Tag 6 + 7 Immer die Pflegeanweisungen befolgen
Aber wer hätte ahnen können, dass Iglus beim trocknen einlaufen können?
Tag 6 begann damit die wichtigsten Notwendigkeiten in einen Rucksack zu packen, also Zahnpasta, Zahnbürste, Unterwäsche und Kameras. Nach dem Frühstück erfolgte dann der Transport zum Startpunkt des bevorstehenden Ausflugs.
Dort wurden wir wieder mit dicken Winterstiefeln und dieses mal mit Helmen ausgestattet denn das heutige Transportmittel der Wahl war das Schneemobil. Ich hatte kurz erwogen die GoPro in den Rucksack zu werfen um eventuell während der Fahrt zu filmen, mich dann aber dagegen entschieden.
Dieser Gedankenprozess beruhte aber auf der falschen Annahme, ich wäre in der Lage während der Fahrt zu filmen (ohne Helm-Halterung, Brustgeschirr oder andere solide Montage-Möglichkeiten). Den Rucksack verstaut und ich am Rücksitz in Position ging es auch gleich los und nach wenigen Metern wurde mir klar, dass meine einzige Aufgabe während der Fahrt sein würde mich mit aller Kraft an den Haltegriffen festzuhalten um nicht bei der nächsten größeren Bodenwelle rückwärts über den Gepäckträger abgeworfen zu werden (mit in die Kurve lehnen wurde aber als Bonus auch wertgeschätzt).
So ging es für etwa eine halbe Stunde bei etwa 80 km/h auf der Geraden dahin über Eis und Schnee und Schnee und Eis.
Am Ende der rasanten Anreise erreichten wir schließlich die Igloo Lodge, eine beachtliche Holzhütte etwas oberhalb eines zugefrorenen Sees und beschaulich gelegen am Ilulissat Highway.
Wie der Name Igloo Lodge erkennen lässt ist eines der Highlights dieses Ausflugs die Übernachtung im Iglu. Die Holzhütte der Igloo Lodge dient dabei als Aufenthaltsraum, Speisesaal und Ausweich-Schlafstelle falls jemand Probleme mit der Übernachtung haben sollte, sei es Kälte, Platzangst oder andere Gründe.
Unsere Iglu-Übernachtung fiel leider ins Wasser, da vor gut einer Woche mehrere starke Schneestürme übers Land gezogen sind und die feinen Eiskristalle in der Luft dabei die Iglu-Wände abgeschliffen haben. Die darauffolgende Hitzewelle in dieser Woche (Einhellige Meinung der Einheimischen ist, dass wir bei etwa 0 Grad und Sonnenschein einen kühlen Sommertag erleben) gab den Iglus dann den Rest und ließ mehrere davon zusammenbrechen.
Nach Ankunft einer zweiten Reisegruppe gab es dann Mittagessen, zubereitet von unseren hervorragenden Tour-Guides, die während ihrer Schichten in der Lodge für alle Aspekte des Ausflugs verantwortlich sind, vom Essen zubereiten bis zum Abwaschen (Unterstützung durch die Gäste wird sehr geschätzt), über die Durchführung der eigentlichen Touren von der Lodge weg, bis hin zu den weniger erfreulichen Tätigkeiten wie WC-Arbeiten (Details auf Nachfrage, außerhalb der Essenszeiten).
Zu Mittag gab es Kalte Platte mit Ochsensalami, getrocknetem Rentier und Ochsenfleisch, geräuchertem Hailbutt, Roggenbrot und Sauerteig-Weckerl. (Kurze Anmerkung: Ochse heißt hier und in weiterer Folge Moschusochse. Die Unterscheidung ist von Bedeutung, weil es sich dabei nicht um Rinder sondern um entfernte Verwandte von Schafen und Ziegen handelt)
Nach dem Mittagess begannen dann die Vorbereitungen für die angebotenen Touren. Die anwesenden Gäste teilten sich zu relativ gleichen Teilen auf in eine Schneemobil-Tour in Richtung Gletscher und eine Schneeschuhwanderung zu einem nahegelegenen Aussichtspunkt über den Eisfjord. Als dritte Option hätte es noch die Möglichkeit eines Hundeschlitten-Ausflugs gegeben, aber dafür gab es keine Anmeldungen.
Nachdem die Schneemobil Gruppe abgerausch war trafen sich die Teilnehmer der Wandergruppe, schnallten sich die Schneeschuhe unter ihre Schuhe und stapften los.
Die Route ist einfach beschrieben. Von der Lodge aus gerade über den zugefrorenen See, über den Ilulissat Highway hinweg weiter zu einem schmalen Pass in der Hügelwand und dann einfach gerade aus bis man den Eisfjord sieht, in etwa 50 Minuten pro Richtung und auf dem Hinweg gab es ein paar kurze Stopps für Erklärungen.
Da ich ihn jetzt schon zwei Mal erwähnt habe ohne näher darauf einzugehen, hier ein kurzer Einschub zum Ilulissat Highway. Dabei handelt es sich um die kürzeste Linie entlang der Längsachse des zugefrorenen Sees zwischen den jeweiligen Endpunkten der für Schneemobile und Hundeschlitten befahrbaren Wege durch die Landschaft. Da sowohl Hundeschlitten, als auch Schneemobile meist die kürzeste Linie fahren ergibt sich eine von der Lodge und dem gegenüberliegenden Durchgang zum Aussichtpunkt erkennbare Spur im Schnee. Ist man direkt am See unterwegs erkennt man die Spur erst wenn man sich auf wenige Meter angenähert hat.
Zum Verkehrsaufkommen noch kurz, etwa 10 Schneemobild und 5 Hundeschlitten pro Stunde.
Nach einem kurzen Aufenthalt am Aussichtspunkt mit vielen Fotos ging es wieder zurück in die Lodge zu Kaffee und Kuchen.
Etwa eine Stunde nach uns kehrte dann auch die Schneemobil-Gruppe zurück und kurze Zeit später wurde schon zum Abendessen gedeckt. Auf dem Menü, Rentier-Eintopf mit Wurzelgemüse und dazu Reis.
Auf Nachfrage erfuhren wir von den Guides, dass zwei Personen etwa 4-10 Stunden benötigen um ein Iglu zu bauen, abhängig von der Beschaffenheit des Schnees.
Sobald man eine gewisse Höhe beim Iglubau (für gewöhnlich drei Reihen an Schnee-Zigeln) überschritten hat muss man das Iglu schnellstmöglich fertig bauen, da längere Pausen ab diesem Punkt dazu führen, dass ältere Ziegel in ihrer Höhe nachgeben und damit andere Größen haben als neu geformte Ziegel.
Ein Iglu hält in den meisten Fällen einen Monat lang bevor es zu sehr geschrumpft ist. Mit Ausnahme des Durchmessers schrumpfen alle anderen Dimensionen des Iglus da sich der Schnee durch Druck verdichtet.
Nach angenehmen und angeregten Unterhaltungen und einer Mythen und Geschichten Stunde durch die Guides klang der Abend dann auch aus und die Leute zogen sich in ihre Zimmer zurück.
Bei den Geschichten handelte es sich um eine Moral für Kinder (Bei Nordlicht nicht pfeiffen), einen alten Mythos (Wie der Nebel nach Grönland kam) und eine lustige Geschichte (Arbeitstitel von mir wäre Gerechtigkeit für die Gänse!).
Nach einer erholsamen Nacht und einem guten Frühstück, Salami, Käse, Marmeladen, Joghurt und Müsli, je nach persönlicher Vorliebe, ging es dann in zwei Gruppen mit dem Schneemobil den gleichen Weg zurück in die Zivilisation auf dem wir Tags zuvor angekommen waren.
Zu Mittag waren dann wieder alle wohlbehalten zurück im Hotel.
Ob es jetzt Fluch oder Segen war, dass die Iglus dahingeschmolzen sind wird sich wohl nicht beantworten lassen. Ein Indiz für Segen wäre der Hinweis unserer Guides, dass es diese Saison erst eine Person, konkret eine 14-jährige Dänin, geschafft hat, die ganze Nacht im Iglu zu verbringen ohne früher oder später in ein Bett in der Lodge zu wechseln. Aus Erfahrung entscheiden sich anscheined fast 100% aller Leute, die in der Nacht der Ruf der Natur ereilt nicht mehr ins Iglu zurückzukehren, wenn sie einmal im beheizten Vorzimmer der Lodge stehen und nach draußen in die Nacht blicken.