Tag 9 - Ja wer bist denn du?

Tag 9  - Ja wer bist denn du?

Tag 9 auf dieser Reise, Tag 8 auf kanadischem Boden, Tag 2 in Jasper. Über letzteres lohnt es sich noch ein paar Worte zu verlieren.

Jasper, Alberta, liegt auf etwa 1.000 Metern, hat knapp 5.000 Einwohner und etwa 2.500.000 Besucher pro Jahr. Die letzte Zahl sollte ganz gut verdeutlichen, dass es sich hier nicht um einen x-beliebigen Ort in Alberta handelt.

Dazu kommt auch der Fakt, dass ich für das privileg mich in Jasper aufzuhalten etwa 13 CAD pro Tag zahle.‌‌In aller Fairness muss ich aber sagen, dass ich den genannten Betrag nicht Zahle um mich in einem 5000 Einwohner Dorf aufhalten zu dürfen. Dabei handelt es sich um den Eintrittspreis für den Jasper National Park und den Banff National Park innerhalb deren Grenzen sich Jasper und mein nächster Zwischenstopp Banff befinden.

Beide Nationalparks zusammen haben etwas mehr als  17.000 km². Das liegt ziemlich genau zwischen der Steiermark (16.000 km²) und Niederösterreich (19.000 km²).

Da stellt sich nun die Frage, was macht man drei Tage lang in einem Nationalpark und für mindestens einen Tag lautet die Antwort Wandertag!

Am Beginn des heutigen Wandertags stand der Maligne Canyon Trail. Dabei ging es zu Beginn entlang des Maligne River gemütlich und relativ flach dahin.

Ein entgegenkommendes Ehepaar verriet mir, dass die Bodenverhältnisse nicht zum Besseren wandeln würden und ich mit steilem Gelände und stark durchnässtem Lehmboden rechnen müsste.

Junge, war diese Beschreibung auf den Punkt

Aber der Aufwand des Weitergehens und Durchhaltens wurde reichlich belohnt. Während sich nämlich der Pfad vertikal langsam vom Fluss entfernte wurde dieser Stellenweise immer wilder und wilder.

Bis der Canyon-Teil im Namen Maligne Canyon schlussendlich Überhand nahm

Nach Erreichen des oberen Ende des Maligne Canyon ging es, einen Cappuchino später wieder zurück zum Ausgangspunkt und dem dort geparkten Auto.

Auf dem Rückweg ergab sich allerdings die nächste tierische Begegnung (ich versichere hiermit, dass sowohl der Schwarzbär, als auch die nachfolgende Begegnung unter Einhaltung aller gängigen Naturschutzrichtlinien erfolgten.

Wie mir der Hotelrezeptionist bei Rückkehr ins Hotel bestätigte handelt sich sich hierbei um ein relativ großes Exemplar eines weiblichen Wapiti (eine kleinere Elch-Spezies).

Zu den Eckdaten. Dieses Tier war mit einer Schulterhöhe von geschätzt 1,4 Metern ziemlich genau auf  Augenhöhe mit mir, wenn es einen Kopf gehoben hat. Laut Wikipedia bring ein ausgewachsenes Wapiti-Weibchen (kein Geweih) etwa 200 kg auf die Waage.

Aufgefallen ist mir meine Begegnung auf etwa 15 Meter Abstand (wobei ich so perplex war, dass ich sicher noch 2-3 Schritte gemacht habe bis mein Gehirn innerlich HALT geschrien hat).

Wider Erwarten war dieses Tier nicht sonderlich scheu sondern hat mich, nach dem Fotoapparat fischend, mehrfach angeschaut und weitgehend ignoriert. Zumindest bis zu dem Punkt wo es sich entschieden hat, dass in seiner Umgebung alle interessanten Büsche abgegrast hatte.

An dieser Stelle hob es seinen Kopf, schaute mich gerade an, und ging langsam aber zielsicher auf mich zu. Die gefühlte Ausstrahlung dieses Wapiti war "Mein Wald, aus dem Weg".

Meine Gedanken an der Stelle waren "Was passiert hier gerade?" gefolgt von "Was mach ich jetzt, wenn du lossprintest? Links ins Gebüsch, rechts in Gebüsch oder mein Glück auf dem Wanderweg hinter mir versuchen, den ich gerade entlang gekommen bin."

Die Frage stellt sich glücklicherweise nicht, da das Wapiti seinen gemächlichen Gang beibehielt und etwa drei Meter vor mir ins Unterholz abbog (daher bin ich mir bezüglich der Maße auch relativ sicher).

Den freien Weg vor mir nutzte ich damit auch um weiter zum Ausgangspunkt meiner Wanderung zu kommen.

Nächster Halt auf meiner Exkursion durch Jasper war der Medicine Lake.

Auf dem Weg dorthin ereignete sich die nächste tierische Begegnung, wenn auch beduetend kleiner und hinter einem anderen Fahrzeug aufgehalten.

Dieser kleine Nager ließ sich vom, zugegeben stark verlangsamten, Straßenverkehr nicht aufhalten mehrere Autos zu aus der Nähe zu begutachten und die Straße zu queren.

Im weiteren Verlauf musste ich noch ein weiteres Mal stark auf die Bremse steigen, da die Straße vor mir mit Touristen-Autos blockiert war, dere Fahrer und Passagiere alle Fotos einer eigenwillig anmutenden Landschaft machen wollten.

Ohne es zu wissen oder recherchiert zu haben wirkt dieser Hang als wäre vor nicht allzulanger Zeit ein Waldbrand durchgefegt.

An der Stelle sei erwähnt, dass sich etwa 100 Meter weiter, um die nächste Kurve ein fast leerer Parkplatz fand, von dem aus sich die gleichen Bilder einfangen ließen. Touristen...

Ein paar Kilometer nach dem Medicine Lake findet sich der Maligne Lake, seinerseits benannt nach dem Maligne River, seinerseits benannt durch einen belgischen Priester, der bei einer Überquerung zu Pferd fast abgesoffen wäre und das Wasser daher für bösartig (franz. maligne) hielt.

Leider hat sich das Wetter bei meiner Ankunft derart verschlechtert, dass keine guten Fotos möglich waren. Damit fiel auch die sonst übliche Touristenfalle, ähm Attraktion leider Flach. Eine Bootsfahrt auf dem See ohne brauchbare Fernsicht um 100 CAD war mir dann doch zu happig.

Wie es dort mit besserem Wetter aussieht kann Google ganz gut beantworten.

Damit blieb mir für diesen Tag nur mehr die Rückfahrt nach Jasper.
Bei Ankuft konnte ich mich nicht ganz der Feststellung entziehen, dass der Niederschlag des Tages in höheren Lagen definitiv mehr Weiß zum Vorschein brachte als in den letzten Tagen.